Gedanken

Desinformation bei der Bahn

Hauptbahnhof Mainz

An Durchsagen, wie: „Auf Grund einer hohen Streckenauslastung hat unser Zug zur Zeit 5 Minuten Verspätung. Wir bitten um Ihr Verständnis“, oder „Auf Grund einer schweren technischen Störung auf der Bahnstrecke, kann unser Zug erst mit 15 Minuten Verspätung weiterfahren“, hat sich der Bahnfahrer schon gewöhnt.

Es gibt in dieser Bundesrepublik jedoch ein Thema, das allen Bahnfahrer grundsätzlich  bereits mit der ersten Erwähnung den Tag verderben kann. Ich hatte das Vergnügen den Bahnstreik in den letzten Tagen und Wochen mitzuerleben.

Das meine ich jetzt noch nicht einmal ironisch. Mein Zug fuhr ja – die Züge der Anderen nur nicht. Bahnstreik – während die Pendler bei dieser Ankündigung nur genervt aufstöhnen, freuen sich die Bäcker und Zeitungsläden, wie auch die Süßigkeitenläden in den Bahnhöfen. Die machen mehr Umsatz und die Bahn informiert ganz brav: „Wegen Streiks kann es zu Verspätungen kommen.“  – Ach, nee. Das hätte ich jetzt nicht gedacht. Aber, am ersten Streiktag gab es wenigstens noch sowas wie Informationen.

„Ob der Zug fährt, das kann ich Ihnen auch nicht sagen.“

Zwei Tage danach ging dann am Mainzer Hauptbahnhof gegen 18.50 gar nichts mehr. Zumindest für alle, die Richtung Westen wollten. Ein ICE wird umgeleitet, andere Züge entfallen einfach. Fragende Gesichter überall – vorallem am DB-Servicepoint. Ich erhalte die Auskunft:

„In einer Stunde fährt der nächste Zug Richtung Darmstadt.“

Soweit so gut. Ich frage nach, ob ich  mich darauf verlassen könne und erhalte folgende Antwort:

„Ob der Zug fährt, das kann ich Ihnen auch nicht sagen.“

Na gut, denke ich mir. Was ist eigentlich los? Hatte doch die Bahn während des Bahnstreiks der GDL am Vortag noch die Fahrgäste am Mainzer Hbf mit Dauerdurchsagen über ankommende und abfahrende Züge, sowie über Zugausfälle umfassend informiert, so wird es heute insgesamt knapp eine Stunde dauern, bis endlich Informationen über den Grund des Zugausfalls durchsickern.

Die Leute standen auf den Bahnsteigen und warteten auf ihre Züge, die ordnungsgemäß auf den Anzeigetafeln angezeigt wurden. Minute für Minute verstrich. Der Zug hätte jeden Moment einfahren müssen. „Der kommt doch jetzt, oder“, fragten sie sich gegenseitig. Ein Blick auf die Anzeigetafeln erzeugte dann aber Verwirrung: „Was soll das denn jetzt?“

Auf den Anzeigetafeln stand ein völlig anderer Zug darauf. Und was war mit dem Zug, mit dem die Leute eigentlich fahren wollten? Ding Dong: „Regionalbahn xy entfällt“.

Okay, da war was passiert

Das war es an Information. Erstmal. Nach 45 Minuten dann die Durchsage: „Regionalexpress XY entfällt wegen eines Notarzteinsatzes auf dem Gleis.“ Das war aber nicht der Zug, auf den die Leute gewartet hatten.

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Hauptbahnhof Mainz, Foto: Martin Krauß

Okay, da war was passiert. Aber, das war doch gar nicht ihre Richtung.  Die Leute schauten sich um. War hier auf den Bahnsteigen irgendetwas von Notärzten zu sehen? Nein. Und warum fuhren die S-Bahnen Richtung Frankfurt? Der Zug, der sie nach Hause bringen sollte aber nicht? Ein Anruf bei der zentralen Auskunft der Deutschen Bahn konnte das aufklären:

Drei Stationen weiter behandelten Rettungssanitäter Jemanden am Bahngleis, an dem die Züge in dieser Richtung vorbei mussten. Aus Sicherheitsgründen durften die Züge nicht fahren. Die S-Bahnen über Frankfurt nach Offenbach wechseln aber bereits zwei Stationen nach dem Mainzer Hbf das Gleis Richtung Rüsselsheim.

Für die Sonderfälle ist die Bahn nicht gerüstet

Das war doch jetzt endlich mal eine Information, die die Bereitschaft und das Verständnis auf den nächsten Zug zu warten erhöhte.

Warum geht das vor Ort nicht auch so, frage ich mich heute. Kommunikationsdesaster nenne ich das. Aber auf die Streiks der GDL ist die DB vorbereitet. Da tönt es aus den Lautsprechern am Mainzer Hauptbahnhof dann schon mindestens 45 Minuten vorher: „Auf Grund der Streiks der GDL, kann es ab 8.30 Uhr zu Zugverspätungen und Zugausfällen kommen.“

Da können die unbefristeten Streiktage in der nächsten Woche ruhig kommen. Für den Streikfall ist die Bahn ja gerüstet. Für die Sonderfälle im Alltag jedoch nicht.

*Die wörtlichen Zitate sind der Erinnerung des Autors an diese Tage entnommen.