An relevanten Themen sollte es den größten Industrienationen der Welt, der Gruppe der Acht, eigentlich nicht mangeln. Die Themen des Gipfeltreffens im kanadischen Huntsville, sind noch nicht gelöst. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat sich in eine globale Schuldenkrise gewandelt und die Proteste in der arabischen Welt, sowie die Konsequenzen aus der Havarie des Atomkraftwerks Fukushima sollten nun den Rahmen für das 37. Gipfeltreffen bilden.
Zwei Tage lang machten es sich die Staatsoberhäupter der sogenannten G8 in historischer Umgebung bequem. Schon Napoleon III., Josephine Baker oder Gustave Flaubert flanierten die Promenade von Deauville entlang. Der passende Ort also, um von Nicolas Sarkozy zum Gipfel der vermeintlich Mächtigen geladen zu werden. Dass dabei Vertreter der bedeutenden Wirtschaftsmächte China, Indien, Südafrika oder Brasilien fehlten, störte ihn wenig.
Es müssten zwar wichtige Entscheidungen getroffen und verlässliche Signale in die Welt ausgesandt werden, doch viel mehr als große Worte hatten die Staats- und Regierungschefs für den Rest der Welt nicht übrig. Sie drohten Syriens Diktator, forderten Muammar al-Gaddafi zum Rücktritt auf und unterstützten Barack Obamas Position im Israel-Konflikt. Einzig die Milliardenhilfen für die Länder des „arabischen Frühlings“ hätten wegweisend sein können. Doch nach dem zweitägigen Schaulaufen in der Normandie ist nur eines gewiss: Carla Bruni-Sarkozy ist schwanger. Ihr knappes weißes Kleid enthüllte den Beobachtern die Nachwuchshoffnungen im Élysée-Palast. Frankreichs Präsident, der stolze Franzose, bekommt einen Thronfolger. Das ist das einzige verlässliche in Sarkozys wortgewaltigem Spiel der Macht.
Die restlichen Ergebnisse des Gipfels sind nur Lippenbekenntnisse, die zudem durch ermüdende Verhandlungen mit Russland verwässert wurden. So geht etwa die Prägnanz der Drohungen gegen das System al-Assad durch das Veto Russlands verloren. In der Atomfrage kommen die G8 dank der erfolgreichen Lobbypolitik Frankreichs über lückenhafte Stresstests nach europäischem Vorbild nicht hinaus. Zudem wiegelte Barack Obama mit der schriftlichen Zusicherung über eine mittelfristige Etat-Konsolidierung seitens der USA auch die notwendigen Diskussionen über die Schuldenkrise ab.
Apropos Schuldenkrise: Die schwierige Situation der Staatshaushalte dieses egalitären Klubs schlug sich offensichtlich auch auf das bereits erwähnte Hilfspaket für Tunesien und Ägypten nieder. In der an Bedingungen geknüpften und im Konjunktiv formulierten Erklärung sind lediglich 10 Milliarden Euro vorgesehen, die unmittelbar von den traditionellen Industriemächten überwiesen werden sollen. Das ist die identische Summe, die auch Kuwait, Katar und Saudi-Arabien bereitstellen wollen. Also Länder, die den vielzitierten „arabischen Frühling“ noch nicht erlebt haben.
Unterstützung für junge Demokratien sieht anders aus. Statt zu zeigen, dass mehr als Worte hinter den Versprechen stehen, wurde versäumt ein eindeutiges Signal an die Tunesier und Ägypter auszusenden. Die 20 Milliarden des Internationalen Währungsfonds und der Entwicklungsbanken helfen an dieser Stelle auch nicht weiter, schließlich zwingen die G8-Staaten dadurch der Weltgemeinschaft pauschal ihren Willen auf.
Kein Wunder also, dass Nicolas Sarkozy den versammelten Pressevertretern lieber in blumigen Worten erzählt, dass Angela Merkel sehr empfänglich und glücklich über das Farbenspiel eines Sonnenuntergangs gewesen sei. In der vergangenen Woche wurden in der Normandie schließlich vor allem Versprechen gegeben, die im Konjunktiv formuliert waren. Ob die nach Freiheit rufenden Menschen Arabiens und Nordafrikas sich mit leeren Worten zufrieden geben werden, ist stark zu bezweifeln. Worte werden die Feinde der Demokratie nicht schmerzen. Sie bleiben nichts als Worte, wenn keine Taten folgen.