Das Böse, es bleibt. Es setzt sich in den Lebensläufen fest. Es bleibt erhalten. Das zum Einen. Zum Anderen: Wird der Abzug einer Waffe gedrückt, folgt die Kugel unaufhaltbar ihrer Bahn. Zwei Weisheiten, aus denen der Südtiroler Autor Luca D’Andrea einen Thriller entwickelt hat. Ein Roman, bei dem alles passt. Dabei erscheint „Das Böse, es bleibt“ nur ein Jahr nach seinem Debüt „Der Tod so kalt“. Welches Potenzial in D’Andrea steckt, hat er aber bereits darin gezeigt.
Das Böse, es bleibt
Fast schon kammerspielartig setzt der Südtiroler diesmal einen Plot in Szene, der den Leser mit einer unerwarteten Wucht trifft. Mitten im tiefsten Winter ist Marlene auf der Flucht. Sie hat genug von ihrem skrupellosen Ehemann. Der ist nicht nur deutlich älter. Er ist auch eine Art Pate von Südtirol. Seine Organisation überzieht die Region um Bozen und Meran bis hin zu den Bergen mit Mord und Erpressung und Marlene weiß, er wird seine Killer auf sie hetzen.
Um für die Flucht finanziell gerüstet zu sein, hat sie einen Beutel mit Saphiren aus dem Safe ihres Mannes entwendet. Doch weit kommt sie nicht. Marlenes Wagen gerät auf der verschneiten Straße ins Rutschen. Sie rast auf eine Wand von Bäumen zu. Dunkelheit. Tage später erwacht sie auf einem abgelegenen Berghof. Ein Bauer pflegt sie gesund. Abseits jeglicher Zivilisation glaubt Marlene, aufatmen zu können. Dort gibt es nur den Bauern, die Berge und einen in Zwielicht getauchten, verwinkelten Koben voller Schweine.
Sie vertraut dem Mann den wahren Grund ihrer Flucht an. Doch das Böse klettert auch auf Berge. Das muss Marlene erkennen, als sie dahinterkommt, was sich hinter dem zärtlich dahingehauchten Satz des Bauern verbirgt: Süße Lissi, kleine Lissi.
D’Andrea punktet durch Eleganz
Raffiniert treibt Luca D’Andrea die Handlung innerhalb dieser Figurenkonstellation voran. Er erzählt aus unterschiedlichen Perspektiven. Er erzählt in unterschiedlichen Zeitebenen. D’Andrea zeigt, dass das Böse stets einen Ursprung hat. Er zeigt, dass es die Menschen nicht loslässt. Sein Schreibstil, die teilweise knappen Kapitel und seine Neigung zum Horror sorgen für eine fesselnde Stimmung.
Von Beginn an nimmt „Das Böse, es bleibt“ an Tempo auf, entwickelt einen Sog. D’Andrea macht es den Lesern schwer, den Thriller aus der Hand zu legen. Beklemmend brutal wirkt seine raffinierte Spannung. Dabei gelingt es ihm, den Wahnsinn zu inszenieren ohne den Leser mit ihn anekelnden Gewaltszenen zu verstören. D’Andrea punktet durch Eleganz.
Einen besonderen Kick bietet der Handlungsstrang um das monströse Schwein Lissi. Hier zeigt sich dann auch eine Parallele zum Debüt „Der Tod so kalt“. Dort hatte D’Andrea auf einen Urzeitskorpion als Handlungselement gesetzt, bei dem er in seinem Roman stets zwischen Mystery und Horror balancierte. Und auf diese Weise erschafft der Südtiroler auch in seinem zweiten Thriller ein subtiles Gefühl der Beklemmung und des Grusels.
Demgegenüber stellt Luca D’Andrea jedoch auch in „Das Böse, es bleibt“ die heile und friedliche Bergwelt: Heimat. Die unberührte Natur. Der friedliche Anblick des Sternenhimmels in klaren Winternächten. Und dann der eiskalte Wintersturm. All das rundet die Atmosphäre des Thrillers ab.
Das Buch:
Luca D’Andrea: Das Böse, es bleibt
DVA Belletristik, ISBN: 978-3-421-04806-6
432 Seiten, Paperback mit Klappenbroschur
Erschienen am 26. Februar 2018
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