Jahreszeiten

Mitgehört: Seniorenfalle

Bank im Grünen - Parkbank | Foto: Martin Krauß

Du sitzt in einem Café, in der Straßenbahn oder der Kneipe und hörst ein Gespräch mit. Du suchst nicht danach, es findet von selbst den Weg in dein Ohr.

Neulich in einer Gastwirtschaft im Odenwald:

„Ah, kommen Sie nur herein und setzen sie sich. Hatten Sie eine angenehme Fahrt? … Gut, dann geben Sie mir doch bitte Ihre Gutscheine. Die brauchen Sie nicht, um an der Hauptverlosung teilzunehmen.“ (*)

Gutscheine? Ich sitze zwei Tische weiter und knabbere gerade an einem Salatblatt von meinem üppigen Salatteller. Dem Mann, der eben gesprochen hatte, sitzen zwei Senioren gegenüber. Es ist nicht das erste Ehepaar, das der Mann an diesem Mittag zum Einzelgespräch geladen hat.

„Sie haben heute die einmalige Gelegenheit eine fünftägige Reise nach Rügen zu buchen. Wenn Sie mir jetzt 20 Euro pro Person als Anzahlung geben, dann legen wir sogar noch drei Tage obendrauf!“ (*)

Klingt gut, denken sich wohl die beiden Senioren. Sie haben jedoch nur einen 50 Euro-Schein zur Hand.

„Das ist kein Problem. Ich kann Ihnen wechseln.“ (*)

Schon hat der Mensch das Geld einkassiert.

„Und dann gebe ich Ihnen auch noch unseren neuen Katalog. Moment – ich lege Ihnen auch noch zwei Gutscheine hinein.“ (*)

Ein Schnäppchen schlagen, gratis etwas bekommen. Die besten Lockmittel, oder etwa nicht? Bei diesem Paar und dem darauffolgenden Ehepaar war das kein Problem für den SERVICE-Menschen eines Reiseveranstalters.

Ein älterer Herr bemerkte jedoch bei einem Blick in den Katalog:

„Die Gutscheine sind ja schon abgelaufen. Die gelten ja gar nicht mehr!“ (*)

Der Service-Mitarbeiter darauf:

„Ach das, das ist kein Problem. Machen Sie sich keine Gedanken, die Gutscheine sind trotzdem gültig.“ (*)

Ich begann mich zu fragen für wen er SERVICE bot. Wohl eher für die Kasse des Unternehmens. Mein Verdacht, dass es sich um Abzocke handeln könnte, erhärtete sich bei der nächsten Kundin. Die war nämlich empört:

„Wissen Sie, ich hatte letztes Jahr eine Reise bei Ihnen gebucht und eine Anzahlung geleistet. Auf die Reise nach Ostdeutschland hatte ich mich so gefreut.

Mein Sohn hatte sich schon extra freigenommen, damit er sich um meine Tiere zu Hause kümmern kann.

Und dann bekomme ich kurz vorher von Ihrem Unternehmen einen Brief, in dem mitgeteilt wird, dass die Reise um sieben Tage nach vorne verlegt wird. Da musste ich dann absagen. Ich kann schließlich meine Tiere nicht alleine lassen.“ (*)

Das brachte den Menschen aus dem Konzept. Er war in der Defensive. Aber Verkäufer wissen sich zu helfen.

„Das tut mir aber leid. Bei mir ist das noch nie vorgekommen. Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Sehen Sie, dieses Angebot habe ich heute morgen per Fax von der Zentrale bekommen. Da steht der aktuelle Reisezeitraum drauf. Da können Sie sich darauf verlassen.“ (*)

Die Seniorin willigte jedoch auch in die neue Reise ein und bezahlte. Folgendes Angebot hatte gewirkt:

„Für die Reise nach Rügen im Frühjahr 2012 buchen wir ein ganzes Hotel. Wenn Sie mir jetzt das Geld für die Anzahlung geben, dann haben Sie immer noch 14 Tage Zeit um es sich anders zu überlegen. Das Geld bekommen Sie dann natürlich zurück.“ (*)

Aber auch nur wenn Sie in diesem Zeitraum stornieren, da hat er wohl vergessen darauf hinzuweisen.  Denn danach, ist das Geld weg.

*Die Zitate und Dialoge dieses Beitrags wurden von dem Autor anhand dessen Erinnerungen an die Gespräche rekonstruiert.