Am Samstag, 15. Oktober 2011, gab es für mich eine Premiere. Ich habe es zum ersten Mal geschafft die Buchmesse in Frankfurt am Main zu besuchen. Kurz nach der IAA beherbergen also wieder Menschenmassen die Messehallen in der Mainmetropole. Diesmal blätternd in Büchern versunken.
Unter dem Motto „Neues Denken“ wurden nicht nur die e-Books weiter gehypt, sondern auch der Audi-Pavillion der IAA für Konferenzen, ein Kino, sowie die Antiquariatsmesse genutzt. Die Zeit sei zu knapp gewesen, um dieses Gebäude noch rechtzeitig vor Beginn der Buchmesse abzureißen, hieß es von den Veranstaltern.
Sagenhaftes Island
Die Frankfurter Buchmesse hat jedes Jahr ein Land zu Gast. Dessen Literatur und Lyrik steht dann für wenige Tage im Vordergrund und wenn es gut läuft, schaffen die Autoren den Durchbruch in Deutschland.
Danach sieht es in diesem Jahr aus. Der Fischer Verlag hat unter anderem eine Neuübersetzung der Isländersagas veröffentlicht. Die vier Bände plus Begleitband seien mit einer Startauflage von 2.000 Exemplaren auf den Markt gekommen, doch bereits eine Woche danach seien 1.000 zusätzliche Exemplare gedruckt worden, berichtet Isabel Kupski vom Fischer Verlag. Sie habe zudem in den vergangenen Tagen mit einem Buchhändler gesprochen, der zuversichtlich sei, dass die Isländersagas mit 5.000 Exemplaren am Ende verzeichnet würden.
Was sind diese Isländersagas eigentlich? Es sind „historische Romane, die mit Federn auf Leder geschrieben wurden. Sie sind zwischen 930 n. Chr. und der Mitte des 11. Jahrhunderts entstanden und waren bis vor Kurzem im Ausland noch unbekannt“, berichtet der Isländer Arthúr Björgvin Bollason auf der Buchmesse. Es sei keine Reihe üblicher europäischer Heldenepen, wie etwa die Niebelungensaga. Der Inhalt der Isländersagas ließe sich mit der Formel : „Bauern haben sich verprügelt“ am besten zusammenfassen, so Bollason.
Hass, Neid und Eifersucht
Die Texte seien uralt, durch die neue Übersetzung allerdings noch immer modern. Die Sagas „erzählen von den Menschen – von Hass, Neid und Eifersucht“, fügt Kupski hinzu.
Die Isländersagas haben jedoch auch eine Schwierigkeit, denn die Anzahl und Namen der Nebenpersonen seien „teilweise unübersichtlicher als bei Dostojewski“, so der deutsche Autor Tilman Spreckelsen. Er hat sich mit „Der Mordbrand von Örnolfsdalur und andere Isländer Sagas“ an eine Verquickung des Stoffes gewagt. Sein Ziel bei der Nacherzählung: Nebenpersonen einsparen und damit die Sagas übersichtlicher machen.
Die Art und Weise wie bei den Sagas „mit einem intelligenten Leser gerechnet“ würde sei laut Tilman einmalig. Der Lesefluss werde stark „über Andeutungen gelenkt“, so dass eine Nebenperson, die auf Seite 3 eingeführt wurde, schließlich erst auf Seite 25 zum helfenden Retter in der Not wird.
Lautsprache oder Isländisch
Während die Autoren der Isländer Sagas unbekannt sind, steht der Name Eiríkur Örn Norðdahl für hochmoderne Lyrik aus dem Gastland der Frankfurter Buchmesse. Norðdahl ist ein junger isländischer Lyriker und Poet, der bei einer Lesung auf der Buchmesse seine Zuhörer herausforderte. Sein Crisis Sonett klingt sehr gewöhnungsbedürftig.
Norðdahl baut es aus Lauten wie „LOL“, „Pff“ und „Hmpf“ zusammen und das verlangt schließlich auch von ihm einiges ab: „Ich hatte in den vergangenen Tagen so viele Lesungen, dass meine Stimme sehr strapaziert ist.“
Während seines Vortrags begannen einige Zuhörer zu schmunzeln und konnten sich das Lachen nicht verkneifen. Andere versuchten dagegen konzentriert dem ungewöhnlichen Sonnet zu lauschen. Ich empfand es als einen sehr unterhaltender Vortrag. Norðdahls Werke („Gift für Anfänger“, „IWF, IWF, OMG, OMG“) werden mit aller Wahrscheinlichkeit trotzdem ihren Weg nicht in mein Bücherregal finden.