Musik ist eine Gabe. Wir greifen nach ihr, wenn wir auf die Welt kommen – und sie lässt uns nicht mehr los. Manche erwischen nur eine ganz kleine Portion davon, andere greifen kräftig zu und werden zu begnadeten Musikern. Diese Gabe ist es, die mit der großen Liebe ringt. Sie ist es, von der uns Erfolgsdruck, Drogen und Alkohol entfernen. Sie ist es, die uns dazu bringt, uns im Laufe unseres Leben einer Band anzuschließen.
Mitch Albom, der Autor von „Dienstags bei Morrie“, hat bei seiner Geburt offenbar nicht nur nach der Musik gegriffen. Auch bei der Gabe des Schreibens, des Geschichtenerzählens, hat er ordentlich zugepackt. Mit „Die magischen Saiten des Frankie Presto“ legt Albom nun eine wahrhaftige Geschichte der Musik vor. Keinem anderen gelingt es so wie Albom, den Bogen der Musikgeschichte so spannend, faszinierend und überzeugend zu Papier zu bringen. Alboms Geniestreich ist dabei, dass der die Gabe der Musik selbst zum allwissenden Erzähler seines Romans gemacht hat.
Frankie Musik ist Freude, aber auch Schmerz – das muss Frankie Presto noch lernen
Die Musik in „Die magischen Saiten des Frankie Presto“ erzählt von einem unvergesslichem Charakter, dessen Zauber sich der Leser nicht entziehen kann. Frankie Presto ist ein mittelloser Waisenjunge, der ausgesetzt wie Mose, in den Wirren der Franco-Zeit in Spanien aufwächst. Über Umwege gerät er an den blinden Gitarrenlehrer El Maestro. Der zeigt ihm, was Musik ist. Was sie bedeutet – und wie Frankie das wahre Gesicht dieser Gabe auf seiner Gitarre erlebbar machen kann.
Musik ist Freude, sie ist aber auch Schmerz. Dies muss Frankie nicht nur während des spanischen Bürgerkriegs erfahren. Im Alter von neun Jahren schickt ihn sein Ziehvater in die USA. Der einzige Besitz des Jungen ist eine Gitarre mit sechs magischen Saiten. Aufgrund seines außergewöhnlichen Talents gelingt es Frankie in den USA ein Star zu werden – ein Star, der in einer Reihe mit Elvis genannt wird. Doch seine Gabe birgt auch eine Bürde und die Irrungen des Lebens fordern von Frankie eine Entscheidung. Gerade als er begreift, welche Macht seine magischen Saiten haben, verschwindet er von der Bühne. Jahrzehnte später taucht er auf, nur um kurz vor seinem Tod noch ein letztes Menschenleben zu verändern.
Mitch Albom fasziniert mit seiner Erzählkunst
Albom erzählt in „Die magischen Saiten des Frankie Presto“ die Lebensgeschichte dieses einzigartigen, aber fiktiven Künstlers. Was diesen Roman aber besonders macht ist, dass Albom zahlreiche reale Musiker, Songschreiber und Produzenten dazugewinnen konnte, ihren Namen für diese fiktive Erzählung herzugeben. Darunter sind etwa Marcus Belgrave, Darlene Love, Roger McGuinn, Lyle Lovett, Tony Bennet, Ingrid Michaelson oder auch John Pizzarelli. Sie alle kommen in dieser Erzählung über die Musik zu Wort.
Das macht „Die magischen Saiten des Frankie Presto“ zu etwas Besonderem. Auch wenn das Buch von der ersten bis zur letzten Saite aus der Feder von Mitch Albom stammt, die Erfahrungen, das Wissen, die Emotionen und die Erinnerungen, die durch diese realen Persönlichkeiten aus dem Musikbusiness in die Erzählung einfließen, machen die Figur des Frankie Presto fast zu einer greifbaren, realen Person. Er entsteht wahrhaftig vor den Augen der Leser. Man kann beim Lesen des Romans Frankies Musik fast schon hören. Man sieht ihn auf seiner Gitarre mit irrem Tempo La Malagueña fehlerfrei spielen. Und: Man kann Frankies Schmerz spüren, wenn man sich auf „Die magischen Saiten des Frankie Presto“ einlässt.
Das Wichtigste von allem ist jedoch, dass Mitch Albom eine wichtige Grundregel der Musik verstanden hat: „Das Geheimnis ist nicht, wie man die Musik lauter machen kann, sondern wie man mit Musik die Welt stiller werden lässt.“ Eben dies ist Albom gelungen.
Das Buch:
Mitch Albom: Die magischen Saiten des Frankie Presto
LAGO Verlag, ISBN: 978-3-95761-130-7