Die Staatsanwaltschaft Hannover hat gestern beim Bundestag die Aufhebung der Immunität des amtierenden Bundespräsidenten Christian Wulff beantragt. In der Pressemitteilung vom 16.02.2012 wird erklärt:
„Nach umfassender Prüfung neuer Unterlagen und der Auswertung weiterer Medienberichte sieht die Staatsanwaltschaft Hannover nunmehr zureichende tatsächliche Anhaltspunkte (§ 152 Abs. 2 StPO) und somit einen Anfangsverdacht wegen Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung. Sie hat deshalb bei dem Präsidenten des Deutschen Bundestages die Aufhebung der Immunität des Bundespräsidenten beantragt.
Diese Entscheidung hat die Staatsanwaltschaft Hannover unabhängig nach intensiver kollegialer Beratung getroffen. Weisungen vorgesetzter Behörden hat es nicht gegeben.“
Durch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft solle die Möglichkeit hergestellt werden, „den Sachverhalt in einem förmlichen Verfahren zu erforschen“, wobei nicht nur zur Belastung, sondern auch zur „Entlastung dienende Umstände“ zu ermitteln seien.
„Selbstverständlich gilt auch nach Bejahung des Anfangsverdachts die Unschuldsvermutung.“
Nun wird es eng für Christian Wulff und das scheint er auch erkannt zu haben. Denn für 11 Uhr ist eine Erklärung angekündigt worden. Kurz darauf wird sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Wort melden, die laut Phönix dafür extra ihre Italienreise verschoben habe.
Konnten ihm die Kreditaffäre im Dezember 2011 und der Anruf im Axel Springer Verlag scheinbar nichts anhaben, weil kein Grund für eine „Präsidentenanklage wegen vorsätzlicher Rechtsverletzung“ (Grundgesetz, Artikel 61) bestanden hat, so stolpert er nun über den gemeinsamen Sylt-Urlaub mit dem Filmproduzenten David Groenewold, der die Rechnung für Wulffs Hotelzimmer bezahlt hatte. Wulff beteuert , er habe Groenewold das Geld für das Hotelzimmer auf Sylt, sowie für ein Upgrade für eine Übernachtung des damaligen Ministerpräsidenten in München bar zurück bezahlt. Doch die Tatsache, dass Wulff während seiner Amtszeit in Niedersachsen Bürgschaften für David Groenewolds geplante Projekte genehmigt hat, macht die Staatsanwaltschaft in Hannover wohl hellhörig. Sie ermittelt gegen den Filmproduzenten David Groenewold wegen Vorteilsgewährung.
Falls Christian Wulff heute seinen Rücktritt erklärt, dann übernimmt der amtierende Bundesratspräsident kommissarisch dessen Aufgaben:
Grundgesetz Artikel 57:
Die Befugnisse des Bundespräsidenten werden im Falle seiner Verhinderung oder bei vorzeitiger Erledigung des Amtes durch den Präsidenten des Bundesrates wahrgenommen.
Demnach hat der Ministerpräsident des Freistaates Bayern, Horst Seehofer, ab morgen dann neue Aufgaben.
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aktualisiert um 10.50 Uhr am 17.02.2012