John Grisham zählt zu den erfolgreichsten Thriller-Autoren der Welt. Er hat knapp 30 Romane, diverse Jugendbücher und ein Sachbuch und einen Erzählband veröffentlicht. Seine Bücher wurden in mehr als 40 Sprachen übersetzt. Immer wieder kehrte Grisham dabei in den zu Beginn von ihm geschaffenen fiktiven Ort Clanton im ebenfalls fiktiven Ford County, Mississippi zurück.
In „Die Jury“ (engl. A Time to Kill) aus dem Jahr 1989 tauchte Clanton erstmals auf und mit ihm der Anwalt Jack Brigance, der den Schwarzen Carl Lee Hailey vor Gericht verteidigt. Herr des Gerichtsaals ist in dem in den 80 er Jahren spielenden Roman Richter Omar Noose. Zu den wichtigen Nebenfiguren gehören Scheidungsanwalt Harry Rex Vonner und Lucien Wilbanks, Anwalt und Vermieter von Brigance Kanzlei.
Dreimal kehrte John Grisham nach „Die Jury“ nach Clanton zurück
Im Jahr 2002 folgt mit „Der Richter“ (engl. The Summons) die Rückkehr nach Clanton. Dieses Mal führt Grisham den Richter Reuben V. Atlee als Figur ein. Harry Rex Vonner ist als Scheidungsanwalt der Stadt Clanton vertreten.
2004 folgte mit „Die Liste“ (engl. „The Last Juror“) erneut ein Thriller aus Clanton. Hier wird der Journalist und Zeitungsbesitzer Willie Traynor in den Mittelpunkt der Geschichte gesetzt. Der Roman spielt in den 1970 er Jahren. Erneut sind Harry Rex Vonner und Lucien Wilbanks mit dabei.
Schließlich veröffentlichte Grisham 2013 mit „Die Erbin“ (engl. Sycamore Row) eine Hommage an seinen ersten Roman „Die Jury“. Er erzählt von einem weiteren Prozess in Clanton. Die fiktiven Ereignisse aus „Die Erbin“ sind durch John Grisham auf vier Jahre nach der Handlung von „Die Jury“ datiert. Richter ist dieses Mal Reuben V. Atlee. Harry Rex Vonner und Lucien Wilbanks sind ebenfalls involviert.
John Grishams „Die Jury“ war ein Flop
Für Grisham haben sich sein fiktiver Handlungsort und das damit verbundene Universum von diversen Haupt- und Nebenfiguren gelohnt. Clanton bietet ihm einen Schauplatz für Thriller, bei denen es um den Kampf zwischen Weißen und Schwarzen geht.
Doch „Die Jury“ hat sich anfangs „nicht gut verkauft“, wie Grisham in einem Interview anlässlich der Veröffentlichung von „Die Erbin“ berichtet. „Das Buch kam anfangs nicht einmal als Taschenbuchausgabe heraus. Der Verlag hat 5.000 Hardcover-Exemplare gedruckt, aber er konnte sie nicht an den Mann bringen“, berichtet Grisham. Ein Jahr darauf habe der kleine und unbekannte Verlag dann Insolvenz angemeldet.
Eine frustrierende Erfahrung für Grisham: „Damals habe ich noch als Anwalt in einer kleinen Stadt gearbeitet und es nicht einfach gehabt.“ Drei Jahre arbeitete Grisham an seinem ersten Roman. Es lohnte sich – auch wenn der Roman erst später Anerkennung bekam.
„Die Jury“ entscheidet: War es Gerechtigkeit oder Rache?
Ein zehnjähriges Mädchen wird brutal misshandelt und vergewaltigt. Knapp entgeht sie dem Tod. Das Mädchen wird nie wieder Kinder bekommen können. Ihr Vater, Carl Lee Hailey, übt Selbstjustiz und tötet die Vergewaltiger im Gerichtsgebäude. Kurz zuvor hatte einer von ihnen die Vergewaltigung gestanden.
Nun muss sich eine neue Jury mit der Frage beschäftigen: War es Rache oder Gerechtigkeit? Wird Carl Lee Hailey hingerichtet oder freigesprochen? Das Verfahren gegen Hailey wird zum Sensationsprozess, der von den Medien ausgeschlachtet wird. Staatsanwalt, Richter und Verteidiger sind Weiße, Hailey ist ein Schwarzer. Der Kampf für ein gerechtes Urteil ruft die Kämpfer für die Rechte der Schwarzen in den USA auf den Plan – aber auch den rassistischen Geheimbund Ku-Klux-Klan mit seinen in weiße Gewänder gehüllten Kämpfern.
John Grishams „Die Jury“ ist ein packender Thriller
Grisham gelingt es bereits in seinem Erstlingswerk, seine Leser packend in den Kampf Schwarz gegen Weiß hineinzuziehen. Grisham führt die Diskriminierung der Schwarzen – auch im Justizsystem – den Lesern vor Augen. Ebenso zeichnet er seine Protagonisten glaubhaft, ja überzeugend ehrlich. Wie Spannung und Atemlosigkeit als Stilmittel positiv eingesetzt werden, damit kennt sich John Grisham gut aus.
Er legt mit „Die Jury“ die Finger in die klaffende Wunde der Gleichberechtigung in den USA. John Grisham zeigt, dass ein Gesetz noch nicht die private und persönliche Einstellung der Menschen ändert. Dass Grisham dabei jedoch Selbstjustiz in weiten Teilen des Romans nicht verurteilt, macht eine differenzierte Betrachtung der Kernaussagen unerlässlich. Zu wenig distanziert sich Grisham hier von der Selbstjustiz. Zu wenig wird betont, dass er von einem Einzelfall erzählt. Zu gering sind die Grauzonen in der juristischen Auseinandersetzung. Es gibt eben auch in dieser Frage in „Die Jury“ nur schwarz oder weiß – Freiheit oder Todesstrafe.
Von diesem Problem einmal abgesehen: Mit dem packenden Thriller hat Grisham früh bewiesen, was er kann. Zurecht gelang ihm mit seinem Nachfolgeroman „Die Firma“ schließlich der internationale Durchbruch.
Das Buch:
John Grisham: DIE JURY
Heyne Verlag, ISBN: 978-3-453-41790-8